Aloe asperifolia Berger (Rauhblättrige Aloe) - Beobachtungen am Standort
nahe Swakopmund (Namibia) und in Kultur

Erschienen in AVONIA – Journal der Fachgesellschaft andere Sukkulenten 20:3 (2002)

 

Abb. 1: Rauhe Epidermis eines jungen Blattes.

 

 

Friederike Hübner und Ulrich Tränkle

Summery

In their short articel the authors give some recognizible details about the ecology and habit of Aloe asperifolia, specially the climatic situation in habitat. Pictures illustrate the habitat and the special sites where the species is growing. Some hints for the greenhouse culture are also given.

 

Abb. 2: Typischer, weil relativ feuchter Wuchsort am Fuß einer Felswand.

 

Einführung

Auf mehreren „Arbeits“-Reisen nach Namibia war es uns möglich auch Aloe asperifolia - eine Art, die nur selten in Kultur zu finden ist, am Standort zu beobachten. Aloe asperifolia hat eine weites Verbreitungsgebiet von Walsfishbay im Süden bis ins südliche Kaokofeld. Vor allem in der sehr kargen, durch weite hellgrusige Flechtenfelder und schwarze Doloritgrade gekennzeichneten Umgebung von Swakopmund - der äußeren  zentralen Namib - war diese Art häufiger zu finden.

Die Pflanze

Aloe asperifolia hat frisch-graugrüne an der Basis sehr breite Blätter, die von einen gelblichen Rand mit kräftigen gelben,  später verbraunenden Stacheln gesäumt sind. Der Name „asperifolia“ umschreibt treffend die rauhe, an Sandpapier erinnernde Blattoberfläche (s. Abb. 1).  Junge Pflanzen erscheinen stammlos, doch ältere zeigen den typischen kurzen, kriechenden Stamm, dessen ältester Teil durch Sand und Wasser annähernd blattlos geschmirgelt wurde und typischerweise fast verkohlt-schwarzbraun gefärbt ist. Die meisten von uns beobachteten Stämme waren bis 50 cm lang, nur wenige mit über 1 m auch deutlich länger.

Der Afrikaanse Name erinnert an die Besonderheit des Wuchses - sie heißt „kraalaalwyn“ in Anlehnung an die oft kreisförmig angelegten traditionellen Dörfer der Eingeborenen oder auch „heksekringe“ wie unsere bekannten Hexenringe der Ständerpilze. Große Aloe-Ringe bleiben vor allem im sandigen Grus der Ebenen erhalten, wie sie etwa im Bereich des Vorkommens von Weltwitschia mirabilis ausgebildet sind, die jüngeren und auch sehr kräftigen Pflanzen aber wachsen zwischen den schwarzen Felsblöcken der Hügelzüge (Abb. 2 und Abb. 3), in denen ganzjährig eine weitaus bessere Wasserverfügbarkeit vorhanden ist. Hier siedeln neben den den Felsen aufsitzenden Flechten auch Lavrania marlothii, Hoodia pedicellata und Hoodia currorii, Pelargonium klinghardense und natürlich Sarcocaulon-Arten, speziell Sarcocaulon marlothii und Sarcocaulon salmoniflora.

 

Abb. 3: Blühende Aloe asperifolia zwischen Blockschutt auf einem Doloritgrat.

 

Der Blütenstand der Aloe asperifolia ist winklig zur Seite geneigt bis fast liegend und sehr locker mit kleinen, ca. 3 cm langen,  rötlichen bis rosaroten Blüten bestückt. Die Blütezeit ist überwiegend März/April, kann in Regenjahren aber auch verschoben sein. Court (1991) beschreibt sie als wenig spektakulär, doch was heißt das schon, wenn im Umkreis von 200 m keine andere auch noch so kleine blühende Pflanze zu finden ist.

Das Klima

Klimatisch gesehen – wobei Klima für uns Menschen normalerweise durch Messdaten einer Wetterstation beschrieben wird - ist dieser Teil der Namib sehr trocken, wie auch das Klimadiagramm in Abb. 4  deutlich zu belegen scheint. Nur 1- bis 3-mal im Jahrhundert fällt so viel Regen, dass die Wüste vollständig grün ist. Normalerweise kommt es zu einem mittleren Niederschlag von 15 mm je Jahr, bei einer mittleren Jahrestemperatur von 15,3 °C. Diese Klima ist nur als extrem arid zu bezeichnen.

Die standardisierten meteorologischen Messinstrumente einer normalen Klimastation messen jedoch nicht die Wasserzufuhr, die über Luftfeuchte bzw. den Nebel auf speziell gestaltete Standorte niedergeht. Die Küstenstadt Swakopmund weist etwa 200 Nebeltage oder besser -nächte je Jahr auf.

 

Abb. 4: Klimadiagramm von Swakopmund nach Walter/Lieth (aus Walter/Breckle 1999, verändert).

 

Es sind aber nicht nur die ins Land ziehenden, meist relativ hohen Küstennebel des kalten Benguelastroms, die das Klima tags fast kühl erscheinen lassen. Nachts wandelt es sich dies zum deutlich Ungemütlichen hin. Wer die Möglichkeit hat, sollte von August bis Oktober mehrere Nächte etwa 20-30 km von der Küste entfernt im Inland verbringen. Mit etwa Glück erlebt man einen Nebel, der so dicht ist, dass man das Zelt sicher nicht mehr findet (Reste davon zeigt Abb. 5). Die Tröpfchen sind mit der Taschenlampe gut erkennbar und schlagen sich besonders auf den nachts sehr schnell auskühlenden schwarzen Felsengraten nieder. Tagsüber verhindert die Beschattungswirkung der Felsen eine Aufheizung und damit Austrocknung der Erdoberfläche. Die hier stehenden Pflanzen verfügen also über eine fast schon regelmäßige Wasserzufuhr, was durch das Klimadiagramm nicht zu erwarten wäre.

Diese Beobachtungen machte auch schon Walter in den dreißiger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts.

 

Abb. 5: Nebelreste in den Niederungen am frühen Morgen (Rössing-Berg, Swakopmund)

 

Die Kultur

Auch in Kultur verlangt Aloe asperifolia relativ regelmäßige Wasser- und auch Düngergaben. Schon kleine Jungpflanzen neigen sich bald zur Seite und sind auch mit Steinen und Stöcken nicht von ihrer kriechenden Wuchsweise abzubringen. Unsere Pflanzen stehen in sandigem Kakteensubstrat mit 20 % Humusanteil ganzjährig im Gewächshaus. Sie benötigen nicht unbedingt den sonnigsten Platz, zu geringe Einstrahlung führt aber rasch zu schwacher Färbung und gestrecktem Wachstum.

Die 12 Jahre alten Sämlinge wachsen recht langsam. Die Art ist am Besten für ein Grundbeet geeignet, da sich so der typische am Boden kriechende Stamm ausbilden kann. Leider lässt sich Aloe asperifolia nicht davon abhalten, besonders stark während des Winters zu wachsen. In sonnigen Jahren ist dies auch kein Problem, kommt es jedoch zu wochenlangem „Schmuddelwetter“, so sieht man den Pflanzen den Lichtmangel an. Wir haben bisher jedoch keine künstliche Beleuchtung für die Pflanze montiert.

Die strukturierte, hell graugrüne Oberfläche der sehr dickfleischigen, großen Blätter und die im Kontrast stehenden gelben Blattzähnchen machen die Art für Liebhaber sehr interessant. Zur Blüte sind unsere Pflanzen bisher noch nicht gekommen (s. Abb. 6).

 

Abb. 6: Habitus eines 12 Jahre alten Sämlings. Der liegende Stamm ist etwa 20 cm lang.

 

 

Literatur

Walter, H.; Breckle, S. (1984): Ökologie der Erde. Bd. 2: Spezielle Ökologie der Tropischen und Subtropischen Zonen. 461 S. (sehr ausführlich, viele erläuternde Abbildungen)

Walter, H.; Breckle, S. (1999): Vegetation und Klimazonen. 7. Auflage. 544. S. (Kurzer Überblick über Klima und Standortsbedingungen aller Wuchszonen der Erde)

Craven, P.; Marais, C. (1986): Namib Flora - von Swakopmund zur großen Welwitschia über Goanikontes. 126 S. (Hübsches kleines Buch mit vielen Zeichnungen; das Nachfahren der beschriebenen Route ist lohnenswert, da viele verschiedene Standorte der Namib besucht werden können; kein Fachbuch!)

Court, D. (1981 Neuauflage 2001): Succulent Flora of Southern Africa. 224 S. (Guter Überblick über die Sukkulenten im südlichen Afrika; mit vielen Bildern, aber nur sehr kurzen Beschreibungen, einzelne Gattungen fehlen in der Neuauflage ganz)